Jetzt, wo bei allen die Tomaten einen Wachstumsschub hinlegen, haben sich einige unserer Kund*innen gefragt, ob sie die Seitentriebe ausgeizen sollen oder nicht. Dieses Thema ist in der (nachhaltigen) Gartenwelt etwas umstritten. Einige schwören darauf, dass die Ernte ohne Ausgeizen deutlich kleiner ausfällt. Meiner Meinung nach ist das Ausgeizen aber nicht zwingend vonnöten. Aber bilde dir am besten deine eigene Meinung, nachdem du diesen Blogartikel gelesen hast.
Der Geiztrieb
Geiztriebe nennt man die Seitentriebe, die aus den Blattachseln zwischen Haupttrieb und Blattstiel der Tomatenpflanzen wachsen. Durch das Ausgeizen, also das Abbrechen der Geiztriebe, wird das Wachstum in die Breite unterbunden und stattdessen das Wachstum in die Höhe gefördert.
Welche Sorte?
Es gibt unglaublich viele unterschiedliche Tomatensorten, die sich nicht nur in den Formen und Farben der Früchte unterscheiden, sondern auch in ihrer Wuchsform. Bei einigen ist das Ausgeizen förderlicher als bei anderen...
Stabtomaten
Stabtomaten sind für den kommerziellen Anbau gezüchtet und brauchen eine hohe und starke Rankhilfe. Die Seitentriebe werden sehr lang und müssen ohne Ausgeizen zusätzlich abgestützt werden.
Strauch- und Buschtomaten
Busch und Strauchtomaten haben einen buschigeren Wuchs, wie der Name ja schon sagt. Sie werden daher nicht ganz so hoch, wie Stabtomaten. Das Ausgeizen ist bei diesen Sorten unnötig, wenn sogar hinderlich, da sie ohnehin nicht weiter in die Höhe wachsen würden.
Cherrytomaten
Cherrytomaten wachsen eher in die Breite und bilden dementsprechend viele Zweige. Die Früchte sind aber viel leichter, was die Gefahr, dass die Zweige unter dem Gewicht brechen könnten verkleinert. Das Ausgeizen ist nicht zwingend nötig. Du kannst entweder einige Triebe entfernen, oder diese einfach zusätzlich abstützen, wenn sie zu schwer werden.
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Alte Sorten
Alte Sorten oder Wildtomaten sind viel robuster und haben ebenfalls einen eher buschigen Wuchs. Sie sind meiner Meinung nach sowieso den anderen Sorten vorzuziehen, weil wir damit einen Teil zur Artenerhaltung beitragen. In unserem Gemeinschaftsgarten setzen wir auch auf alte Sorten, weil diese kein Dach benötigen. Sie können ausgegeizt werden, wenn z.B. die unteren Ranken sowieso wenig Licht bekommen, oder wenn sie an Pilzerkrankungen leiden.
Wie geht ausgeizen?
Warte mit dem Ausgeizen bis sich die Wurzeln nach dem Auspflanzen gut verankert haben. Das erkennst du daran, dass die Pflanze nach einer ersten Pause wieder schneller wächst.
Je kleiner der Trieb, desto einfacher und "schmerzloser" lässt er sich entfernen.
Wähle Triebe überlegt aus. Dieser Entscheid sollte keinesfalls wahllos geschehen, denn dadurch könnte nicht nur der Ernteertrag, sondern auch der Gesundheitszustand der Pflanze negativ beeinträchtigt werden. Besser ist es, ausschliesslich überschüssige Triebe zu entfernen.
Ja nicht die Blütentriebe entfernen! Die Geiztriebe wachsen direkt am Haupttrieb, die Blütentriebe sitzen in den Blattachseln, inmitten zweier Stängel.
Achte darauf, dass die Bruchstelle möglichst klein und sauber bleibt. Das geht am besten, indem du ihn vorsichtig seitlich wegknickst. Dabei sollte der Rest der Pflanze nicht verletzt werden.
Nicht bei Regen ausgeizen und nicht über die Pflanze giessen. (Das mit dem Giessen gilt generell immer bei Tomaten, ist aber gerade nach dem Ausgeizen besonders unvorteilhaft.)
Vorteile
Tomaten sind von Natur aus buschig wachsende Pflanzen, werden jedoch für den kommerziellen Anbau möglichst gerade nach oben gezüchtet und auch dementsprechend angebaut. Das hat den Vorteil, dass sie ohne rumkriechen geerntet werden können, nur eine Rankhilfe pro Pflanze ausreicht, mehr Luft zwischen die Pflanzen kommt, was Mehltau verhindert. Zudem können sie so näher beieinander angebaut werden. Dafür werden alle unteren Geiztriebe und auch die untersten Seitentriebe abgebrochen. Die Pflanze investiert dann ihre ganze Energie in die oberen Triebe.
Nachteile
Das Ausbrechen von Trieben ist immer ein Eingriff in das natürliche Wachstum der Pflanze. Zudem können dabei Verletzungen entstehen und die offenen Wunden sind anfällig auf Infektionen. Die Seitentriebe müssen evtl. zusätzlich abgestützt werden, wenn die Last der Früchte zu gross wird. Meines Erachtens wachsen Pflanzen, die nicht ausgegeizt werden, deutlich kräftiger und stabiler.
Fazit
Ob du deine Tomaten nun ausgeizen solltest oder nicht, hängt also von mehreren Kriterien ab und ist fast schon eine philosophische Frage, denn der entscheidende Punkt ist, wie fest wir in die Natur und somit in das Wachstum der Pflanze eingreifen wollen. Du musst dich auch nicht dafür oder dagegen entscheiden. Ich geize die Zweige aus, die mir auf dem Balkon zu viel Platz wegnehmen würden. Die meisten Zweige lasse ich jedoch stehen, weil mit eine gesunde Pflanze sinnvoller erscheint und weil ein Tomatenbusch optisch auch einfach schöner ausschaut. Bei den gelben Cherrytomaten, welche wir in unserem Onlineshop anbieten (und die auch im Saatgut-Abo drin sind) wird die Ernte ohne Ausgeizen nicht geringer ausfallen, weshalb wir das Ausgeizen nicht explizit in der Anleitung erwähnen. Gerade Anfängern würde ich vom Ausgeizen abraten. Denn nur wer weiss, wie eine Tomatenpflanze ohne Ausgeizen wächst, kann kompetent entscheiden, welche Triebe beim nächsten Mal entfernt werden sollten.
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